Umweltschutz, Nachhaltigkeit

Methoden zur Messung von Nachhaltigkeit (von Produkten)

(Quelle: anyaberkut - depositphotos.com)

26.01.2021 - Die Nachhaltigkeitsmessung bildet die quantitative Grundlage des Nachhaltigkeitsmanagements. Gemessen wird die Nachhaltigkeit von Umwelt-, Sozial- und Wirtschaftsbereichen sowohl einzeln als auch in verschiedenen Kombinationen. Diese Metriken entwickeln sich ständig weiter und umfassen Indikatoren, Benchmarks, Audits, Indizes und Rechnungslegung sowie Bewertung und andere Berichtssysteme.

1. Executive Summary

Für eine nachhaltige Produktentwicklung muss zu Beginn eine objektive Bestandsaufnahme der eigenen Nachhaltigkeit stattfinden. Dafür müssen drei Bilanzen erstellt werden: Wirtschaft, Ökologie und Soziales. Die Ökobilanz stellt alle umweltrelevanten Vorgänge im Produktlebenszyklus dar, auf dessen Basis umweltunverträgliche Ressourcen gegen umweltverträgliche ausgetauscht werden. Im Folgenden werden drei Methoden vorgestellt, mittels derer ein Unternehmen die ökologische Nachhaltigkeit eines Produktes beurteilen kann. Außerdem wird auf den Life Cycle Assessment eingegangen, mit dessen Hilfe die nötigen Informationen dafür gesammelt werden können.

 

2. Methoden zu Messung der Nachhaltigkeit

2.1 Ökologischer Fußabdruck

Wie viel Fläche eine einzelne Person, ein Haushalt, ein Unternehmen oder gar eine ganze Stadt, Region oder Nation für ihren Ressourcenverbrauch benötigt, soll mit dem ökologischen Fußabdruck gemessen werden. Diese Größe lässt sich für eine Einzelperson, ein Unternehmen, eine Stadt, Nation, Region oder einen Haushalt bestimmen und wird üblicherweise in globalen Hektar angegeben. Die Maßeinheit „Globale Hektar“ wurde speziell für die Messung der Biokapazität (umfasst alle biologisch produktiven Landflächen des Planeten, einschließlich Wäldern, Weiden, Ackerland und Fischfanggebieten) und des ökologischen Fußabdrucks entwickelt. Da aus verschiedenen Flächen unterschiedlich viel Ressourcen entspringen können, ist der globale Hektar ein Durchschnittswert aus der biologischen Produktivität auf einem Hektar pro Jahr.

Der ökologische Fußabdruck hat sich zu einer der weltweit führenden Maßeinheiten für die Anforderungen der Menschen an die Natur entwickelt. Dadurch können Unternehmen schätzen, welcher Anteil der Erde (oder wie viele Planeten Erde) erforderlich wäre(n), um den Verbrauch der Menschheit zu decken, wenn jedes Unternehmen so wirtschaften würde. Dieser Ansatz kann von Unternehmen auch auf einen Prozess wie die Herstellung eines Produkts angewendet werden.

Der ökologische Fußabdruck wird auch in der Wissenschaft verwendet, um zu überprüfen, ob die Natur den Konsum der Menschen weiterhin decken kann. Er wird auch genutzt, um den Konsum und Lebensstil unterschiedlicher Gesellschaften zu vergleichen. Diese Methode nutzen Staaten, um zu untersuchen, ob eine Nation mehr (oder weniger) Ressourcen verwendet, als innerhalb ihres Territoriums verfügbar sind, oder inwieweit der Lebensstil einer Nation weltweit übertragbar wäre. Zusätzlich zeigt der ökologische Fußabdruck auf, ob ein Lebensstil nachhaltig ist oder nicht.

Der ökologische Fußabdruck ist ein weltweit anerkannter Indikator für Umweltverträglichkeit. Unternehmen können ihn dazu verwenden, ihren Ressourcenverbrauch zu messen und zu verwalten und zugleich die Nachhaltigkeit des Unternehmens zu untersuchen.

Die Landnutzung, die ein Mensch braucht, um seinen Ressourcenbedarf zu decken, wird in 6 Kategorien eingeteilt:

Abbildung 1. Der ökologische Fußabdruck.

 

2.2 CO2-Fußabdruck

Der CO2-Fußabdruck ist das Ergebnis einer Emissionsberechnung bzw. CO2-Bilanz. Er gibt die Menge von Treibhausgasen an, die durch eine Aktivität, einen Prozess oder eine Handlung freigesetzt wird. Ein CO2-Fußabdruck lässt sich beispielsweise für Geschäfts- oder Produktionsprozesse von Unternehmen angeben. Auch Produkte haben einen CO2-Fußabdruck, der sich aus der Summe der Emissionen zusammensetzt, die durch die Herstellung, die Nutzung sowie durch die Verwertung und Entsorgung des jeweiligen Produktes entstehen. Außerdem lässt sich ein CO2-Fußabdruck auch für viele weitere Aktivitäten und Prozesse berechnen – zum Beispiel für eine Hotelübernachtung, eine Dienstreise, eine Veranstaltung, oder die Erbringung einer bestimmten Dienstleistung.

Gewöhnlich wird der CO2-Fußabdruck in sogenannten CO2-Äquivalenten (CO2e) angegeben, denn neben Kohlenstoffdioxid schließt er auch die Emissionen von fünf anderen Treibhausgasen mit ein, die im Kyoto Protokoll genannt werden. Es handelt sich dabei um Methan (CH4), Lachgas (N2O), Schwefelhexafluorid (SF6), Fluorkohlenwasserstoffe (FKW), Perfluorcarbone (PFCs) und Stickstofftrifluorid (NF3). Das Treibhauspotenzial liegt dabei zum Teil deutlich über dem von CO2– im Falle von Methan beispielsweise um den Faktor 21, im Falle von SF6 um den Faktor 22.800.

Der CO2-Fußabdruck ist ein wichtiges Instrument zur Bewertung der Klimawirkung eines Unternehmens und damit zentraler Bestandteil der Ökobilanz und der Nachhaltigkeitsberichterstattung.

Der CO2-Fußabdruck macht dabei deutlich, in welchen Bereichen die meisten Treibhausgase freigesetzt werden und wo das größte Potenzial für Einsparungs- und Effizienzmaßnahmen liegt. Hierdurch hat der CO2-Fußabdruck auch große wirtschaftliche Bedeutung, denn die gezielte Einsparung von Energie und anderen Ressourcen führen zu einer nachhaltigen Senkung der Betriebskosten.
Im Rahmen unternehmerischer Strategien zum Klima- und Ressourcenschutz liefert der CO2-Fußabdruck auch die Grundlage für die Formulierung von begründeten Reduktionszielen und ist somit wichtiger Bestandteil des Nachhaltigkeitsmanagements. Der gesamte CO2-Fußabdruck kann jedoch aufgrund der großen Menge an erforderlichen Daten und der Tatsache, dass Kohlenstoffdioxid auch durch natürliche Vorfälle produziert werden kann, nicht ermittelt werden.

Da der ökologische Fußabdruck eine Maßeinheit für Misserfolg ist, wählen viele Unternehmen den einfacher zu berechnenden „CO2-Fußabdruck“ als Indikator für einen nachhaltigen Umgang mit Energie.

 

2.3 Wasser-Fußabdruck

Eine dritte, verbreitete Methode, um die Nachhaltigkeit eines Produkts, eines Prozesses oder eines Lebensstils zu ermitteln, ist der sogenannte „Wasser-Fußabdruck“. Dieser Indikator gibt Informationen über den direkten und indirekten Wasserverbrauch eines Konsumenten oder eines Produzenten. Der „Wasser-Fußabdruck“ eines Einzelnen, einer Gesellschaft oder eines Unternehmens wird dabei als die Gesamtmenge an Süßwasser definiert, die diese als Konsumenten bzw. zur Herstellung von Waren und Dienstleistungen verbrauchen. Die Ergebnisse des „Wasser-Fußabdrucks“ können Unternehmen nutzen, um ihr Handeln in Bezug auf Produktion so zu ändern, dass sie die Ressource Wasser effizienter nutzen und effektiv gegen die Verknappung der Wasserressourcen auf der Erde steuern.

Für eine spätere Bewertung des Wasserfußabdrucks ist die Einteilung des gebrauchten Wassers in Kategorien hilfreich. „Grünes Wasser“ ist das natürlich vorkommende Boden- und Regenwasser, welches von Pflanzen aufgenommen und verdunstet wird. Es ist relevant für landwirtschaftliche Produkte. „Blaues Wasser“ beinhaltet das Grund­- oder Oberflächenwasser, das zur Herstellung eines Produktes gebraucht wird und nicht mehr in ein Gewässer zurückgeführt wird. In der Landwirtschaft ist es das Wasser für die Bewässerung der Pflanzen. „Graues Wasser“ ist die Wassermenge, die während des Herstellungsprozesses verschmutzt wird.

Sowohl bei der industriellen als auch bei der landwirtschaftlichen Produktion fällt graues Wasser an, da Schadstoffe durch Düngemittel und Pestizide in den Boden und in die Gewässer gelangen. In der industriellen Produktion und in der Landwirtschaft wurden viele Abläufe verbessert und hierdurch Wasser eingespart. Der geringere Verbrauch führte jedoch nicht unbedingt zu weniger Schadstoffen in Gewässern. Um den "grauen" Wasserfußabdruck zu reduzieren, muss auch der Eintrag von Schadstoffen in die Gewässer verringert werden. In dem Konzept beschreiben der grüne und der blaue Wasserfußabdruck quantitative Aspekte, während der graue Wasserfußabdruck ein Indikator für die Wasserqualität ist.

Erkenntnisse, wie zum Beispiel der Zugang der Bevölkerung zu sauberem Trinkwasser, können nicht mit Hilfe des Wasser-Fußabdrucks gewonnen werden. Außerdem gilt der Wasserfußabdruck nur für Süßwasser, so dass die Verschmutzung der Ozeane nicht berücksichtigt wird. Die Identifizierung von Gebieten mit Wasserknappheit und die Beurteilung eines übermäßigen Wasserverbrauchs sind wegen der internationalen Verantwortung wichtig. Das Konzept des Wasserfußabdrucks kann den versteckten Wasserhandel auf Kosten der wasserarmen Länder transparenter machen.

Die Reduzierung des Wasserverbrauchs ist jedoch nicht der einzige Zweck. Es geht auch um die Identifizierung von Handlungsoptionen für Regionen, in denen eine Wasserübernutzung durch Export von wasserintensiven Produkten zu negativen ökologischen und sozialen Auswirkungen führt. Ziel ist die nachhaltige Nutzung erneuerbarer Wasserressourcen. Wesentlich für eine Bewertung des direkten und des indirekten Wasserverbrauchs ist die lokale Verfügbarkeit von Wasser. Ein hoher Wasserfußabdruck in wasserreichen Regionen ist weniger problematisch als ein hoher Wasserfußabdruck in wasserarmen Regionen oder Wüstengebieten.

Wenn der Wasserfußabdruck (zu) groß ist, müssen Maßnahmen folgen. Eine Möglichkeit ist eine gezielte Veränderung des Verbrauchs. Dies ist jedoch erst möglich, wenn ausreichend Informationen zur Verfügung stehen, um Produkte, die aufgrund ihres hohen Wasserverbrauchs erhebliche Folgen für Mensch und Umwelt am Produktionsstandort haben, gezielt vermeiden zu können.

 

3. Life Cycle Assessment  

Um die notwenigen Informationen für die drei obengenannten Methoden und damit auch für die spätere Ökobilanz zu generieren, verwenden Unternehmen in der Regel das Life Cycle Assessment (LCA). Dies eignet sich nicht nur zur Bewertung der möglichen Auswirkungen eines Produktes, sondern auch des Produktionsverfahrens oder einer Tätigkeit auf die Umwelt während seiner gesamten Lebenszeit (Lifecycle).

Abbildung 2. Life Cycle Assessment.

Dabei messen Unternehmen den Verbrauch bestimmter Ressourcen („Inputs“) wie zum Beispiel Energie, Rohstoffe, Wasser quantitativ und bewerten die Emissionen („Outputs“), die in die Luft, ins Wasser und den Boden gelangen.

Die Ergebnisse des Life Cycle Assessment liefern die Grundlagen für die (Weiter‑) Entwicklung von Produkten sowie die Erstellung der Ökobilanz eines Unternehmens. Aus diesem Grund beinhaltet das LCA eine möglichst umfassende Sammlung der Umweltauswirkungen von Produkten, Prozessen und Dienstleistungen, wobei der gesamte Lebenszyklus der von einem Unternehmen hergestellten Produkte berücksichtigt wird.

Unternehmen können mit Hilfe des LCA Potentiale zur Verbesserung der Umwelteigenschaften von Produkten, Verfahren und Dienstleistungen finden. Es ist wichtig, dass der Prozess durch ein schrittweises Vorgehen und eine übergreifende Betrachtung transparent und objektiv ist. Ziel ist es, Entscheidungshilfen für das Management bereitzustellen, um den Produktionsprozess eines Produkts aus Umweltgesichtspunkten zu optimieren.

Beim Life Cycle Assessment (LCA) berechnen Unternehmen die umweltbelastenden Auswirkungen eines Produktes. Ferner untersuchen sie, wie viele Rohstoffe sie für die Herstellung des Produkts (einschließlich der Herstellung von Zwischenprodukten und des Produkts selbst, einschließlich der Verpackung und des Transports von Rohstoffen, Zwischenprodukten und dem Produkt), für die Verwendung des Produkts und seine Entsorgung nach der Verwendung benötigen.

Zwei Aspekte, die für Unternehmen von besonderem Interesse sind, sind zum einen die Lebensdauer eines Produktes (z. B. eines Autos) und zum anderen die Auswirkungen, die die Nutzung des Produkts auslöst (wie zum Beispiel Autofahren). Unternehmen untersuchen die Lebensdauer, um Fragen zur Dauer/Grad der Schadstoffbelastung zu beantworten, die vom Produkt während der Verwendung ausgeht. Dadurch können Unternehmen beispielsweise feststellen, welche direkten Auswirkungen auf die Umwelt eine Produktidee im Vergleich zu einem bereits am Markt befindlichen Produkt hat.

 

4. Phasen des Life Cycle Assessments

1. Ziel- und Umfangsdefinition

Zu Beginn wird das Ziel und der Umfang der Untersuchung vom Unternehmen definiert. Hierbei werden Entscheidungskriterien und Funktionseinheiten festgelegt. Anhand der festgelegten Funktionseinheiten können zwei oder mehrere Produkte miteinander verglichen werden. Als Maßeinheiten dienen dabei einzelne Funktionen dieser Systeme. Beispielsweise bei einer Stanzmaschine die Anzahl der gestanzten Einzelteile, bei einem Waschmittel die Anzahl der Waschladungen oder bei einer Kaffeemaschine die Anzahl der Tassen Kaffee. Ziel des ersten Schrittes ist es, die Auswahl der Rohstoffe und Produktinnovationen auf Produkte und Verpackungen mit geringeren Auswirkungen für die Umwelt zu lenken.

2. Bestandsanalyse

In der Bestandsanalyse werden vom Unternehmen der Verbrauch von Energieressourcen und Rohstoffen im Prozess der Beschaffung, der Produktion und bei der Nutzung des Produktes analysiert. Um die Abläufe des Produktlebenszyklus zu klassifizieren, wird ein Verfahrensstammbau erstellt. Im Anschluss werden die Untersuchungsteile und Energie-Input- und Output-Mengen bestimmt.

Dabei erhebt das Unternehmen alle relevanten Daten, um das Produkt zu beurteilen und eventuell Hypothesen über fehlenden Daten zu treffen.

3. Auswirkungsanalyse

Im dritten Schritt untersucht das Unternehmen die Emissionen, die Abfälle und die beanspruchten Ressourcen. Zu den Wirkungskategorien zählen alle Auswirkungen von Materialien und Stoffen auf die Schadstoffbilanz eines Produktes. Deshalb legt das Unternehmen in diesem Punkt ebenso die Kriterien fest, die die Wirkungskategorien beeinflussen. Anschließend werden die Indikatoren der jeweiligen Wirkungskategorien festgelegt und eine Gewichtung der Kategorien vorgenommen.

4. Verbesserung/Bewertung und Interpretation der Ergebnisse

Im vierten und letzten Schritt identifiziert das Unternehmen die Parameter, die zur Überwachung und Kontrolle der Beschaffung, Produktion und Logistik wichtig sind. Um mit dem Verbesserungsprozess starten zu können, werden anhand der anfänglichen Zieldefinition Verbesserungsbereiche definiert und Wirkungskategorien beurteilt. Folgende Fragen müssen dabei beantwortet werden:

Welche Ressourcen benötigen Unternehmen für die Verbesserung? Und mit welchen Risiken ist der Einsatz dieser Ressourcen behaftet? Schließlich wird das Ergebnis der Analyse bewertet und die Fortschritte veröffentlicht. Beim LCA handelt es sich aber nicht um eine Risikobewertung. Das Unternehmen bestimmt mögliche Auswirkungen wie z. B. Emissionen rein quantitativ, die tatsächlichen Einflüsse auf die Umwelt werden nicht berücksichtigt, was ein wichtiger Parameter bei der Risikobewertung ist.

 

5. Zuordnung greenQuality-Portfolio

  • 20302_Home_of_Management_Systems

 

gQ-Knowledge-Owner

  • Georg Flammersberger


6. Verwandte Themen

  • CSR
  • Umweltschutz
  • Arbeits- und Gesundheitsschutz
  • Qualitätsmanagement
  • Personalmanagement

 

7. Quellen

  • Scholz, U./ Pastoors, S./ Becker, J./ Hofmann, D./ Van Dun, R., Praxishandbuch Nachhaltige Produktentwicklung - Ein Leitfaden mit Tipps zur Entwicklung und Vermarktung nachhaltiger Produkte

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